Vor Kurzem sorgte die amerikanische Regulierungsbehörde SEC für Schlagzeilen, als sie der Kryptobörse Kraken den Staking-Service untersagte. Auch in Europa schreitet die Regulierung der Kryptowährungen zunehmend voran. Unsere Kollegen Amon und Philipp ordnen das Vorgehen der SEC ein und skizzieren, wie etablierte Banken die eigenen Kompetenzen nutzen können um ihren Kunden vertrauenswürdige Krypto-Dienstleistungen anzubieten.
Der Hype um Kryptowährungen hat sich etwas gelegt, aber für Abgesänge ist es zu früh. Das Krypto-Ökosystem ist im Mainstream angekommen. Es gibt aber nach wie vor berechtigte Bedenken, wenn es um den notwendigen Schutz von Anlegern und die regulatorischen Rahmenbedingungen von Krypto-Dienstleistungen geht. In den Medien wird regelmäßig über Hackerangriffe, kriminelle Machenschaften einzelner Krypto-Projekte (Rugpulls, Pyramid-Schemes) oder gar das Implodieren größerer Krypto-Exchanges berichtet, wie zuletzt FTX.
Auch die jüngste Nachricht, dass die bekannte Kryptobörse Kraken ihren Staking-Service für US-Kunden auf Anordnung der SEC eingestellt hat, drückt aus, dass die Regulierungsbehörden in den USA – aber auch weltweit – dem gesamten Sektor gegenüber skeptisch eingestellt sind und dass das Krypto-Ökosystem auch in näherer Zukunft seinem Ruf als unregulierter “Wilder Westen” in der Breitenwahrnehmung nicht entfliehen wird.
Statuiert die SEC ein Exempel?
Es scheint, als wollte die SEC an der Payward Ltd., dem Betreiber der international bekannten Kryptobörse Kraken, ein Exempel statuieren, um den vielen Anbietern der Kryptobranche aufzuzeigen, dass der Sektor zwar teilweise neue Konzepte zur Kooperation und Koordination ermöglicht, dabei aber trotzdem den bestehenden Gesetzen unterliegt.
Staking ist zuerst einmal ein technisches Konzept zur Einarbeitung neuer Transaktionen in die Blockchain. Die Staker erhalten dabei anteilig entsprechend der eigenen Investition (dem „Stake“) Transaktionsentgelte sowie die im Netzwerk neu erschaffenen Währungseinheiten. Durch Nutzung des Staking-Service von Kraken mussten Kunden keine eigenen Netzwerkknoten mehr betreiben. Gegen Einzahlung der Assets in den Staking-Pool von Kraken sollte der Kunde regelmäßige Auszahlungen entsprechend der eingezahlten Summe erhalten.
Die Sanktionierung von Kraken über $30 Mio. USD ist ein deutliches Signal an Anbieter ähnlicher Krypto-Dienstleistungen, die eventuell unter anderem Namen (“Earn”, “Yield”, “APY”) vertrieben werden, aber dennoch nach dem gleichen Grundprinzip funktionieren: Der Kunde übereignet seine Assets an die Betreiber des Services mit der Erwartung, Rendite zu erzielen. Die Anleger sind verunsichert und fragen sich, inwieweit die regulatorischen Vorgänge die weitere Entwicklung des Kryptosektors beeinträchtigen könnten.
Innerhalb der SEC herrscht keinesfalls Konsens über die Art und Weise des Vorgehens gegenüber Angeboten im Kryptosektor. SEC-Comissioner Hester M. Pierce kritisiert beispielsweise ihr eigenes Haus deutlich: Die SEC setze Verbote und Vollzugsbeschlüsse durch, statt für die schon seit Jahren existierenden Staking-Angebote zuerst einen regulatorischen Rahmen zu erarbeiten, der klare Anforderungen an Transparenz und Anlegerschutz stellt.
Die Diskussion um die rechtlichen Implikationen verschiedenster Kryptonetzwerke sind mit Sicherheit komplex und durch teils naive Begrifflichkeiten erschwert. Doch die SEC stellt in der entsprechenden Pressemeldung klar heraus, welche Gründe zum Verfahren gegen Payward Ltd. bzw. Kraken geführt haben. Diese Gründe sind zunächst gänzlich unabhängig davon, dass es sich um ein Angebot zu Kryptowährungen handelt:
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- Durch die Überlassung der Assets an Kraken verlieren die Kunden die Kontrolle über diese und setzen sich dadurch besonderen Risiken aus, über die Kraken nicht ausreichend aufklärt.
- Kraken verweist auf besondere Strategien, mit denen sie regelmäßige Auszahlungen an die Kunden gewährleisten und behält sich gleichzeitig vor, Auszahlungen zurückzuhalten oder auszusetzen.
- Kraken ermöglicht Investoren weder Einblick in die finanzielle Situation des Unternehmens noch die Möglichkeit, die Korrektheit der Auszahlungen oder die Existenz der übereigneten Bestände zu überprüfen.
Damit betrachtet die SEC den Staking-Service von Kraken also nicht als eine klassische Dienstleistung, sondern als Investmentvertrag. Kraken verspricht eine Rendite. Auf welchem Wege diese zu Stande kommt, ist für den Vertrag in den Augen der SEC zweitrangig.
Auch im europäischen Raum schreitet die Regulierung im Krypto-Bereich voran, mit einer ähnlichen Stoßrichtung wie die amerikanische SEC. So stellt das kürzlich veröffentlichte Papier des Basler Ausschusses klare Anforderungen an sämtliche regulierten Institute, wenn Kundengelder in Kryptowährungen gehalten werden. Auch zur regulatorischen Situation in der Schweiz gibt es inzwischen detaillierte Abhandlungen.
Anbieter von Kryptodienstleistungen müssen unbedingt sicherstellen, nicht die gleichen regulatorischen Fehler zu begehen wie der Anbieter Kraken. Doch die Erfüllung all dieser komplexen, rechtlichen und regulatorischen Anforderung stellt viele Anbieter vor Herausforderungen, wie am Papier des Basler Ausschusses bereits abzulesen ist.
Im Gegensatz dazu sind etablierte Finanzinstitute bezüglich regulatorischer Verpflichtungen bereits gut aufgestellt. Neben Mechanismen zur Einhaltung der gültigen AML- und KYC-Richtlinien ist die sorgfältige Anlageberatung und Aufklärung der Kunden zu Nachhaltigkeitsaspekten und Risiken das Aushängeschild der deutschen Universalbanken. Laut einer Studie vom österreichischen Krypto Broker Bitpanda würden mehr als 50% der Investoren für den Kryptohandel eher der eigenen Bank vertrauen.
Integration in europäische Bankenlandschaft möglich
Auf Grundlage bestehender Prozesse zur Depotführung und zugehörigen Dienstleistungsverträgen können Banken ihre Produktpalette um Krypto-Verwahrung und Handel erweitern. Auch Staking-Services sind regulatorisch sehr wohl denkbar, sofern die notwendigen Sorgfaltspflichten eingehalten werden. Mehr Informationen zur möglichen Ausrichtung eines solchen Angebots und den technischen Möglichkeiten und Risiken von Blockchain-Anbindungen sind in der Ausgabe 01/23 des Bankmagazins zu finden: unter der Überschrift „An die Kryptowährungen heranwagen“.
Dabei muss eine Bank die technische Implementierung der Kryptolösung keinesfalls selbst übernehmen. Es existieren bereits verschiedene umfassend regulatorisch geprüfte und zertifizierte White-Label-Lösungen im europäischen Raum, die in die bestehende Banklandschaft integriert werden können, um den Endkunden Krypto-Dienstleistungen anzubieten.
Regulierung und Beratung machen Krypto-Sektor sicher
Regelmäßige Berichte über kriminelle Geschehen, wirtschaftliche Fehlschläge oder Verbote von Dienstleistungen einzelner Akteure im Kryptoumfeld mahnen zur Vorsicht, stellen aber keineswegs Dienstleistungen im Kryptosektor grundsätzlich in Frage.
Stattdessen werden die regulatorischen Rahmenbedingungen für mögliche Dienstleistungsangebote, die den notwendigen Ansprüchen an den Investorenschutz genügen, für diesen Sektor immer konkreter und weisen klar in Richtung klassischer Dienstleistungsverträge.
Banken und andere Finanzinstitute könnten durch Kombination eigener bestehender Kompetenzen und Prozesse diesen innovativen Markt auch für Privatanleger nicht nur interessant, sondern auch sicherer machen.