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Self-Contained Systems

von Daniel Kuehne | 29. Dezember 2017 | Allgemein, Architektur, Deutsch

Daniel Kuehne

Senior Developer (ehem.)

Was ist ein Self-Contained System?

The Self-Contained System (SCS) approach is an architecture that focuses on a separation of the functionality into many independent systems, making the complete logical system a collaboration of many smaller software systems. This avoids the problem of large monoliths that grow constantly and eventually become unmaintainable. Over the past few years, we have seen its benefits in many mid-sized and large-scale projects.

Laut dieser Definition von http://scs-architecture.org/index.html sind SCS also der Versuch, große Softwaremonolithen in kleine, unabhĂ€ngige Systeme zu unterteilen. Das folgende Bild veranschaulicht das. [2]

 

Die dabei entstehenden SCSs sollen einige Eigenschaften erfĂŒllen, damit diese Architektur auch in der Praxis erfolgreich ist:

  • Vertikaler Schnitt mit Frontend, Backend, Datenhaltung
  • Kommunizieren mit anderen SCSs, wenn nötig, asynchron ĂŒber APIs
  • Teilen keine GeschĂ€ftslogik mit anderen SCSs
  • Teilen keine Infrastruktur mit anderen SCSs
  • Gemeinsame (technische) Bibliotheken können genutzt werden, z.B. oAuth Client
  • Ein SCS ist „klein genug“, dass es von einem Team betreut werden kann
  • Ein SCS wird nur von einem Team betreut
  • Möglichst viele Faktoren des 12factor-manifests: https://12factor.net/de/

An dieser Stelle möchte ich hervorheben, dass durch asynchrone Kommunikation und verteilte GeschÀftslogik besonderes Augenmerk auf eventual consistency gelegt werden muss.
In der Praxis wird es nicht immer möglich sein, Laborbedingungen herzustellen und alle Eigenschaften zu 100% zu erfĂŒllen.
Es gibt aber ein paar Regeln, die sollten auf keinen Fall verletzt werden. Wenn man sich beispielsweise eine Datenbank mit einem anderen SCS-Team teilen muss, ist das eher ein Indiz dafĂŒr, dass man den falschen Schnitt gewĂ€hlt hat. Ansonsten fĂ€hrt man bei Einhaltung der oben genannten Eigenschaften ganz gut auf dem Highway zur SCS-Landschaft.

Warum sollten wir Self-Contained Systems bauen?

Es gibt viele GrĂŒnde, warum SCSs eine coole Software-Architektur sind. Ein paar möchte ich hier aufzĂ€hlen.

Isolation

FĂ€llt ein SCS aus, können die anderen trotzdem weiterlaufen. Auch aus Security-Perspektive betrachtet: ist ein SCS gefĂ€hrdet, heißt das noch nicht, dass alle gefĂ€hrdet sind.

Technologien ausprobieren

Um immer am Zahn der Zeit zu bleiben, probieren Developer gerne rum. Am liebsten jeden Tag etwas neues probieren, das wĂ€re was. Leider birgt das Einsetzen von neuen Technologien auch Risiken. Da kommt es doch gerade gelegen, wenn man argumentieren kann, dass jetzt nicht die ganze Firma Scala und Polymer lernen muss, sondern der „Schaden“ sich maximal auf ein SCS begrenzt. Und da so oder so nur ĂŒber APIs gesprochen wird, ist es doch auch egal, was da unter der Haube lĂ€uft.

Skalierung

Da sich SCSs optimalerweise keine Infrastruktur teilen und möglichst wenig mit anderen SCSs kommunizieren, lÀsst sich sehr leicht skalieren indem zusÀtzliche Instanzen eines SCS hochfÀhrt.

Austauschbarkeit

SCSs kapseln lediglich bestimmte Fachlichkeit und erst ihr Verbund macht das Gesamtsystem aus. Dadurch kann sehr einfach ein einzelnes SCS ausgetauscht werden, was Risiko erheblich reduziert und z.B. Migrationen erleichtert.

Teams

Ein SCS sollte optimalerweise ein Produkt darstellen, woran unabhĂ€ngig von anderen Produkten gearbeitet werden kann. So kann ein Team an Stories fĂŒr exakt ein SCS arbeiten.

Sind SCSs wirklich immer sinnvoll?

Wie das halt mit allem so ist, finden sich in der Praxis sicherlich auch hĂ€ufig Umgebungen, in die der SCS-Ansatz nicht ganz passt. FĂŒr eine funktionierende SCS-Landschaft innerhalb eines Software-Projektes ist der Schnitt, mit dem das Gesamtsystem in SCSs geschnitten wird, sehr wichtig. Findet sich fĂŒr die Fachlichkeit, die man umsetzen möchte, kein Schnitt, mit dem Teams wirklich unabhĂ€ngig arbeiten können, sollte vielleicht eine andere Architektur in ErwĂ€gung gezogen werden. Was mich zum nĂ€chsten wichtigen Punkt bringt: UnabhĂ€ngigkeit
Auf der grĂŒnen Wiese ist es oft anders als in der Praxis. In der Praxis hat man oftmals beispielsweise betriebliche Anforderungen, die eine theoretische Ausarbeitung zum Thema Self-Contained Systems nicht abdecken kann. Ist es im betroffenen Software-Projekt so, dass fĂŒr alles außerhalb des Git-Repos eine zentralisierte IT-Abteilung zustĂ€ndig ist, kann man den SCS-Ansatz noch einmal ĂŒberdenken, da SCSs schon einiges an Overhead mitbringen. Hat man einen Monolithen, benötigt man alles genau ein mal. Seien es die verschiedenen Staging-Umgebungen, das Installieren von Zertifikaten, Firewall-Freischaltungen, Build-Server, Stash und was alles noch zu tun ist, um eine Anwendung in Produktion zu bekommen. Schneidet man diesen Monolithen in zehn SCSs, verzehnfacht sich beinahe der Aufwand. Wenn jetzt allerdings all diese AbhĂ€ngigkeiten außerhalb deines Teams liegen, ist es schwer von AgilitĂ€t zu sprechen und auch die zentralisierte IT-Abteilung wird eventuell zum Flaschenhals. Hier gilt: je mehr devops, desto besser!

Herausforderungen bei der UI-Entwicklung

Jedes SCS wird sein eigenes UI mitbringen. Um trotzdem ein gemeinsames look&feel zu erreichen, mĂŒssen einige Schritte getan werden. FĂŒr manche Projekte reicht da vielleicht schon ein gemeinsamer Style-Guide, der auch user-experience und usability behandelt. Ohne ein gemeinsames Dokument wĂ€re es nahezu unmöglich, sonst ein gemeinsames look&feel zu entwickeln. Benötigt der Styleguide gewisse assets, mĂŒssen alle UIs Zugriff darauf haben. Dies kann entweder ĂŒber einen Asset-Server geschehen, oder ĂŒber eine Asset-Pipeline. Dabei werden Assets dann als dependency, genau wie bei jeder anderen Code-Dependency, behandelt. Genau genommen sollten SCSs ja keinen Code teilen, das wĂ€re dann eine Ausnahme dazu, die in Kauf genommen wird. Um ein einheitliches UI zu erreichen, können beispielsweise web components verwendet werden. FĂŒr weitere Informationen zu web components, hier entlang: https://www.webcomponents.org/introduction

Generell möchte ich hier festhalten, dass bei der Entwicklung von SCS hier genau geschaut werden muss, wie sich organisatorisch aufgestellt wird. Meiner Meinung nach sollten Teams querschnittlich sein, so dass alle Aufgaben im Team bleiben können, um nicht etwa z.B. ein Frontend-Team zu bilden, welches Frontend fĂŒr alle SCS-Squads entwickelt.

vs. Microservices

Ja dann sind das doch eigentlich Microservices!!!!!1111

Zugegeben, ein kontrovers diskutiertes Thema. Laut scs-architecture.org sind die wichtigsten Unterschiede:

  • Microservice ist typischerweise kleiner als ein SCS
  • Dadurch in einem System typischerweise weniger SCS als Microservices, um komplette DomĂ€ne abzubilden
  • SCSs sollten nicht miteinander kommunizieren, wohingegen das fĂŒr Microservices kein Problem ist
  • SCSs haben eine UI, wohingegen die UI bei Microservices woanders liegen kann, allerdings nicht muss

Man sieht, dass auch die Autoren/Autorinnen von scs-architecture keine klare Abgrenzung finden, sondern viel mit den Wörtern „should“, „might“, „probably“, „typically“ arbeiten. Ich finde, da muss auch garnicht so hartnĂ€ckig eine Abgrenzung her, denn der darunter liegende Gedanke der Isolation bleibt der gleiche.

Zusammenfassung

Self-Contained Systems sind also eine Softwarearchitektur, die beschreibt, eine fachliche DomĂ€ne in einzelne Systeme zu schneiden, deren Verbund wiederum das Gesamtsystem bildet. SCSs sollten dabei verschiedene Eigenschaften erfĂŒllen, um einen tatsĂ€chlichen Mehrwert zu bieten. Es stehen viele Argumente auf der Pro-Seite von SCSs, allerdings sollte meiner Meinung nach genau darauf geschaut werden, wie der theoretische Ansatz von SCSs in das jeweilige Unternehmen getragen werden kann. Denn auch hier gilt, wie bei jeder anderen Technologie: es sollte zu den jeweiligen Anforderungen passen.

Weitere Informationen

Quellen

[1] scs-architecture.org http://scs-architecture.org/index.html
[2] elastic.io https://www.elastic.io/breaking-down-monolith-microservices-and-self-contained-systems/
[3] dev.otto.de https://dev.otto.de/2016/03/20/why-microservices/#more-2320